Betreff: Ihr Interview zum Thema „Kinderpornografie“ beim SWR RP in „Ländersache“ am 01.04.04 um 20.15 Uhr Sehr geehrte Frau Zypries, Mein Name ist Ralf Graner, Gründer der Selbsthilfegruppe „Eisbrecher“ für Männer, die in ihrer Kindheit sexualisierte Gewalt erleiden mussten, und selbst als Junge Opfer von sexuellem Missbrauch und Kinderpornografie. Ich trat in der gleichen Sendung auf, zu der auch Sie Stellung nahmen. Leider war das Redaktionsteam vom SWR RP bereits einige Tage zuvor bei mir zum Interview und ich hatte noch keinerlei Ahnung, was Sie zum Thema sagen würden. Mittlerweile gehört diese Desinformation der Vergangenheit an und ich möchte Sie zu Ihrer eigenen Erinnerung wörtlich zitieren: "Wenn man eine Mindeststrafe auswirft, dann wird das Delikt ein Verbrechen und man kann nie sagen, daß der Besitz von bestimmten Bildern ein Verbrechen ist, denn normalerweise sagen wir in unserem Land, das was man zum Eigengebrauch hat, das ist nicht so strafwürdig, wenn es überhaupt strafwürdig ist, wie das was man dealt, was man weitergibt. Das ist ein Phänomen, das kennen wir bei Rauschgift, wo es eine Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gibt zum Eigenverbrauch. Und das kennen wir auch in anderen Bereichen." Meine Frage dabei an Sie ist folgende: Wie bitte erlangt man den Besitz von „bestimmten“ Bildern? Ich denke Sie stimmen mit mir überein, dass man Besitz erlangt, und wir gehen hier selbstverständlich von legalen Möglichkeiten aus, indem man diese bestimmten Bilder entweder selbst anfertigt oder sie erwirbt, beispielsweise durch Tausch oder Kauf. Der Tausch dieser Bilder erfordert, dass man bereits andere Bilder zuvor in Besitz hatte, erfordert demnach nahezu zwangsläufig wenigstens einmal einen Kauf. Denn für Bilder mit kinderpornografischem Inhalt ist nicht davon auszugehen, dass diese gegen frische Erdbeeren im November getauscht wurden. Der Kauf führt zwangsläufig dazu, direkt oder indirekt mit einem „Dealer“ in Kontakt zu treten und führt weiter zwangsläufig früher oder später zu einem Hersteller dieser Bilder. Denn schließlich werden Sie mit mir auch übereinstimmen, dass ein jedes Bild, das irgendwer in Besitz hat irgendwann einmal hergestellt worden sein muss. Ich werde Sie davon verschonen Ihnen zu schildern, wie solche bestimmten Bilder regelmässig hergestellt werden und wünsche Ihnen zu ihrem eigenen Seelenheil hierfür ausnahmsweise ein sehr beschränktes Vorstellungsvermögen. Dass eine solche Herstellung nicht künstlich oder virtuell am Computer zu leisten ist, sondern schlicht und einfach ganz real in der Wirklichkeit dürfte ausser Frage stehen. Dann drängt sich mir bei Ihrer Aussage eine weitere Frage auf: Wie um Himmels Willen kommen Sie hier auf einen Vergleich mit Rauschgift? Zugegebenermassen gehört die Herstellung von Rauschgift nicht zu meinem Fachgebiet. Doch ich habe noch niemals und nirgends gehört, dass bei der Herstellung von Rauschgift jemals ein Mensch, geschweige denn ein Kind hat Schaden nehmen müssen. Muss ich Ihnen, werte Frau Ministerin allen Ernstes erklären, dass im krassen Gegensatz hierzu es bei der Herstellung von kinderpornografischen Bildern notwendig ist ein unschuldiges Kind zu vergewaltigen? Artikel 1 unseres Grundgesetzes dürfte Ihnen als examinierte Juristin bekannt sein. Und ich weigere mich Ihnen den Unterschied von Menschenwürde und Mohn- Hanf- oder was-weiß-ich-welche Pflanzenwürde zu erklären. Weiter frage ich mich, wie Sie die Begriffe „Gebrauch“ und „Verbrauch“ definieren. Im Zusammenhang mit Kinderpornografie sind für mich diese Begriffe eindeutig: Der „Gebrauch“ eines Kindes ist zweifelsfrei ein Missbrauch und damit ein Verbrechen gemäß §§ 176 ff. StGB. Der „Verbrauch“ eines Kindes ist zweifelsfrei dessen Tötung, §§176b, 178, 211ff. StGB, „wenn es überhaupt strafwürdig ist“. Folge ich dieser Ihrer Argumentation drängt sich mir der Verdacht auf, stünde ein Marc Dutroux vor einem deutschen Gericht so täte er dies allein wegen der vergrabenen ermordeten Kinder im Garten, da die beiden noch lebenden Mädchen im Keller demnach auch unter „Eigengebrauch“ fallen würden. Ich weigere mich, dem von Ihnen zitierten Bundesverfassungsgericht eine solche Rechtsprechung zu unterstellen, wie es Ihre Aussage nahelegen muss. Ich weigere mich auch Ihnen mit Ihrer Aussage eine beispiellose Menschenverachtung zu unterstellen, denn eine Unterstellung lässt regelmäßig Platz für Zweifel. Ihre Stellungnahme jedoch lässt für mich keine Zweifel zu und nötigt mich Ihre menschenverachtende Aussage öffentlich anzuprangern und ich fordere Sie hiermit auf:
Dies wäre das Mindeste, das ich und viele unzählige weitere von jemandem erwarten, der eine solche Aussage in der Öffentlichkeit macht! Es bleibt mir eine persönliche Anmerkung: Ihrem Lebenslauf entnehme ich, dass Sie keine Kinder haben. Ich wünsche Ihnen von tiefstem Herzen, dass Sie niemals in die Verlegenheit kommen von dieser Thematik persönlich getroffen zu werden und sich nach Hilfe umsehen müssen. Jedenfalls, wie auch immer Sie auf dieses mein Schreiben reagieren werden, werde ich es mir niemals nehmen lassen auch Sie mit offenen Armen zu empfangen und Ihnen mit all meiner Kraft und Erfahrung genauso beiseite stehen, wie jedem anderen, der zu mir kommt. Besonders Ihnen Alles Liebe, Ralf Graner |
Vielen Dank an alle 2465 Menschen, die den offenen Brief unterstützt haben. Am 21.05.04 haben wir die Adressliste mit einem Begleitbrief an Frau Zypries geschickt. |