Nichterinnern, dein Schutz zum Überleben? Schwieriges Erinnern in Therapie

Frage:

hallo
ich bin jetzt 32 und gehe seit 3 jahren zur therapie. mein vater hat mich von meinem 6ten- 19ten lebensjahr bis zur bewustlosigkeit verprügelt. ich habe mich, sobald es meine kräfte einigermassen zuliessen, gewehrt und zurückgeschlagen. in einem dieser kämpfe schrie ich ihn an das er dies offensichtlich geniesst, was er bejahte. es ging um macht um meine möglichkeit eine eigene persönlichkeit zu entwickeln unmöglich zu machen. von allem in der familie würde dies nie an.-oder ausgesprochen. ich war die einzige die er so behandelte, obwohl er mir mehrmals sagte das ich sein lieblingskind sei.
ich vermute schon seit längerer zeit das er mich auch sexuell missbraucht hat, erinnere mich aber nur an einen fall als ich 5 war (ich immernoch in die hosen machte) und er mich zu "intensiv" wusch.
das ich mich nicht an alles erinnere wurde mir von einer freundin aus meiner teenie zeit bestätigt, sie wusste von fällen des zusammenschlagens das ich vergessen hatte.
ich habe angst das mir fast "wünsche" das mehr passiert ist, um mich mir gegenüber rechtvertigen zu können warum ich mich so fühle. das was ich noch weiss reicht mir nicht aus, erwarte grössere stärke von mir. gleichzeitig habe ich angst davor das ich mit meinem gefühl recht haben könnte...weiss nicht ob ich die erinnerung aushalten könnte.
also, nach all diesen erklärungen, meine frage. wie wichtig ist es genau zu wissen was alles vorgefallen ist?
was haltest du von hypnose?

vielen dank
fabienne


Meine Antwort:

Hallo Fabienne,
du hast eine schlimme Kindheit hinter dir, in der du eine Menge Erlebnisse nicht mehr erinnerst. Zum einen ist das Nichterinnern dein Schutz um zu überleben. Erlebte Mishandlungen und sexueller Misbrauch hinterlassen, vor allem wenn es über eine so lange Zeit immer wieder passiert, massive seelische Schäden und es ist gut, dass du in Therapie bist. In deiner Situation sind Erinnerungen wichtig, damit du im therpeutischen Aufarbeiten des Erlebten heilen kannst.
Sicherlich ist nicht gut, an jede Misbrauchs- und Mishandlungssituation -wie bei dir -erinnerungsfähig zu sein, das könntest du vermutlich nicht aushalten. Ob es neben dem "Waschübergriff" deines Vaters noch weitere Übergriffe sexuellem Misbrauchs gab, bzw. ob es zum bisher Erinnerten zusätzlich wichtig wäre, dich an weiteres zu erinnen, kann deine TherapeutIn eher beantworten.Es ist auch eine "Zumutbarkeitsfrage", eine Frage der therapeutischen Relevanz im Ziel Heilung, ob du es jetzt ertragen könntest, ob dadurch die Aufarbeitung gefördert wird. Deine Mishandlungserlebnisse können genauso schlimm wirken wie sexueller Misbrauch, es ist eine schwierige Frage zur Intensität und auch zur Häufigkeit, bzw. des Alters, in dem solche Erlebnisse ihre zerstörerische Wirkungen beginnen, fortsetzen oder eben hinterlassen.
>... ich habe angst das ich mir fast "wünsche" das mehr passiert ist, um mich mir gegenüber >rechtfertigen zu können warum ich mich so fühle.
>das was ich noch weiss reicht mir nicht aus, erwarte grössere stärke von mir. -Erwarte nicht zu viel von dir, es braucht viel Zeit bis deine 13 Jahre andauernden qualvollen Erlebnisse in ihrer zerstörerischen Wirkung nicht mehr dein Leben regieren, bis die anderen Seiten deines Lebens endlich zur Geltung kommen, bis du keine Rechtfertigung für deine brauchst.
Hypnose ist m. E. ein Hilfsmittel für TherapeutInnen, um Unbewußtes z.B. großen Angstzuständen "an's Tageslicht" zu bringen, ggf. auch Erinnerungen, die im Bewußtsein nicht mehr vorhanden sind. Eine bewußte Aufarbeitung und Klärung erübrigt sich allerdings dadurch nicht.
Fabienne, sei nicht zu ungeduldig mit dir, damit du innerlich auch mit dir mithalten kannst,
- viel Erfolg, Peter

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