Schotterblume
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"Zeit kann diese Wunden nicht heilen" Fachtagung von "Schotterblume" in Koblenz: Hilfe für Opfer, die in der Kindheit missbraucht wurden - Den Mantel des Schweigens herunterreißen Es ist das Ende einer glücklichen Kindheit, wenn "es" passiert: Dass Eltern, Verwandte oder Bekannte auf einmal zu lieb zu dem kleinen Mädchen oder Jungen werden. Ein Verbrechen, über das oft der Mantel des Schweigens geschoben wird. Der Verein "Schotterblume" hilft Opfern und lud zur Fachtagung "Wir reden darüber" ins Contel-Hotel ein. KOBLENZ. "Täter sagen ihrem Opfer oft: Wenn du redest, dann wirst du sterben", sagt Birte. Sie hat all das schreckliche Leiden am eigenen Körper erdulden müssen, schon ab dem vierten Lebensjahr. "Das Gegenteil ist richtig: Wer schweigt, der stirbt." Sexueller Kindesmissbrauch sei Seelenmord, sagt Dagmar Minor, Gründerin der "Schotterblume". "Zeit kann diese Wunden nicht heilen." Dennoch könnte eine Therapie helfen, den Alltag zu überstehen. Und das Darüberreden, der Austausch mit anderen Opfern tue gut und helfe, Gefühle ordnen zu können. "In den Medien werden leider nur spektakuläre Missbrauchsfälle erwähnt", so Dagmar Minor. Doch nach Schätzungen würden heute jedes dritte Mädchen und fast so viele Jungen sexuell missbraucht. Eine Furcht erregende Zahl. "Etwa zwanzig Prozent der Täter sind weiblich: die Mutter, die Tante etc." Viele glaubten es anfangs kaum, dass auch Mütter zu emotionalen und körperlichen Quälungen fähig seien. Trotz Verdachts oder sogar Wissens werde oft nicht über solche Vorfälle gesprochen. "Und das Opfer ist hin- und hergerissen: Es liebt den Vater ja trotzdem!" Unter sexuellem Missbrauch verstehe man nicht alleine die durchgeführte Penetration. Kinder werden erniedrigend fotografiert oder gefilmt, verkauft, gefoltert, sexuell stimuliert. "Menschen, die so etwas tun, sind keine Psychopathen oder Geisteskranke. Es sind normale Leute, denen man es nie zutrauen würde." Es müsse nicht einmal Gewalt im Spiel sein, oft würden das natürliche Vertrauen sowie der Respekt des Kindes schamlos ausgenutzt. Wo die Grenze zwischen gesundem Schmusen und liebevoller Zärtlichkeit auf der einen Seite und Missbrauch auf der anderen Seite anzusiedeln sei? "Missbrauch entsteht nicht fließend", so Dagmar Minor. "Er beginnt dann, wenn sich Jugendliche oder Erwachsene bewusst am Kind befriedigen." Missbrauch sei vom Täter geplant. Die Folge von Missbrauch sei eine schwere Verwirrung der kindlichen Gefühle. "Es verliert die Geborgenheit und das Vertrauen in die Welt." Traumatische Spätfolgen seien unvermeidbar. "Zunächst wird das Geschehen schockhaft vergessen und verdrängt. Das ist ein gnädiger Schutzmechanismus der Seele." Doch die Erinnerung sei eine Zeitbombe, die durch Therapie entschärft werden müsse, wenn sie nicht irgendwann gewaltsam explodieren solle. "Eine andere Reaktion ist auch, dass sich die Seele des Kindes gleichsam vom Körper abspaltet und ihn als Hülle zurücklässt." Übersehen werde oft, dass auch viele Jungen Opfer von Missbrauch würden. "Gerade für Jungen und Männer ist es auf Grund unserer Erziehung schwer, jemanden um Hilfe zu bitten und über ihre Gefühle zu reden." Ein alltägliches Verbrechen; und "Schotterblume" fordert eine Zwangstherapie für gefasste Triebtäter. "Man muss die Täter so früh wie möglich therapieren", so Minor. Auch Jugendliche, bei deren "Doktorspielen" man eher noch ein Auge zudrücke, seien gefährlich. Willi Rath, Sozialpädagoge: "Wenn ich den Verdacht habe, dass in meiner Umgebung ein Kind sexuell missbraucht wird, sollte ich auf jeden Fall zunächst zu einer Beratungsstelle gehen." Ob Schotterblume, Caritas oder Kinderschutzbund - wichtig sei das Gespräch mit einer Fachperson. Denn ein Vater oder eine Tante dürften auf keinen Fall ungerechtfertigt verdächtigt werden. "Wir dürfen auch die Seele des Kindes nicht noch mehr zerstören." Behutsam und bedacht müsse vorgegangen werden. "Und man sollte ruhig dem eigenen Instinkt trauen." Michael Defrancesco "Schotterblume", E-Mail: info ![]() Rhein-Zeitung - Ausgabe Koblenz Stadt vom 16.06.2003, Seite 11.
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Fachtagung Waldbreitbacher ImpulseDeutschlands verlorene Kinder - sexueller Missbrauch und seine verheerenden Folgen
Im Anschluß machte das interessierte Publikum regen Gebrauch von der Möglichkeit, Fragen an die Experten/innen zu stellen. ![]() Auch Schotterblumen im Publikum
Das Expertenteam
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Grausame Verbrechen im Taburaum der FamilieGelungene Informationsveranstaltung des Vereins "Schotterblume"Das Thema ging tief unter die Haut. Ernsthaft führte Jacqueline Kröff-Hamper, Betreuerin der Zweigstelle Neuwied durchs Programm. Zunächst sprach Dagmar Minor, die Vorsitzende von Schotterblume über den "Grausamen Tanz", den die Partner in gewalttätigen Beziehungen miteinander tanzen und die tragischen Verknüpfungen zwischen Liebe und Gewalt. Sie ließ anschaulich verstehen, dass sich Partner in solchen Beziehungen nicht durch Zufall treffen, sondern dass es sich um eine unbewusste Anziehung handelt zwischen Männern, die als Kind schon gelernt haben, Frauen nicht zu achten und Frauen, denen als Mädchen bereits beigebracht wurde, dass sie keine Achtung verdienen. Dennoch ließ Dagmar Minor keine Zweifel offen, dass erlittene Demütigungen und Misshandlungen der Kinderzeit nichts daran ändern, dass der erwachsene Mensch für sein Leben und seine Taten verantwortlich ist. Hans Schmidt vom Verein "Jedermann" in Heidelberg meinte dann auch: "Neue Männer braucht das Land" und berichtete in seinem unnachahmlich vorgetragen Referat von seiner therapeutischen Arbeit mit in ihrer Partnerschaft gewalttätigen Männern, mit denen er keine Gnade hatte und stellte fest: "Gewalt ist männlich " Punkt." "Es ist eben einfach so passiert" oder "Mir ist die Hand ausgerutscht" sind Rechtfertigungen, mit denen die Täter bei ihm keine Chance haben. Die Zuhörer erfuhren, dass die Gewalttäter in der Regel nicht freiwillig und voller Einsicht in seine Beratungsstelle kommen, sondern es entweder eine gerichtliche Verfügung ist oder letzte Hoffnung die verlorene Partnerin zurückzugewinnen. Dennoch bezeichnete er die Rückfallquote als äußert gering, falls der Mann die Therapie auch wirklich bis zum Ende durchzieht. Bewegend der Liedvortrag "Verzeih" von Kirsten Maxeiner, der die Zuhörerinnen und Zuhörer in die Pause entließ. Dort gab es Entspannung und Gespräche bei Kaffee und Kuchen, Infotische mit umfangreichen Materialien, Adressen, Klinikführern, Hilfsangeboten, Referaten. Im zweiten Teil der Veranstaltung ging es um das schrecklichste Verbrechen von allen, um den Missbrauch an Kindern und um die tiefen seelischen Wunden, die auch die Zeit nicht heilen kann. Das aufwühlende Referat von Dagmar Minor ließ viele Tränen fließen, Menschen sich spontan an den Händen fassen. Schockiert hörten sie, was Erwachsene Kindern alles antun können, hörten von seelischem, körperlichem und sexuellem Missbrauch durch Väter, Großväter und Mütter, von unvorstellbarer Folter durch Sekten und Pornoringe. Dagmar Minor berichtete über die vielfältigen Folgeerscheinungen und was es bedeutet, mit einer durchlöcherten, zersplitterten oder getöteten Seele weiterleben zu müssen. Aber ihr gelang es vor allem, trotzdem Hoffnung zu machen, Hoffnung auf Heilung mit Hilfe von einfühlsamer therapeutischer Begleitung und sie erklärte, dass Therapie durchaus ein spannender und kreativer Prozess sein kann. Zwischen den Vorträgen betroffene Missbrauchsopfer, die mutig auf die Bühne traten um ihren Schmerz aber auch ihre Erfolge in Lied oder Gedichtsform auszudrücken. "Ich bin Rike, ich wurde von meinem Großvater missbraucht. Ich habe überlebt und singe nun 'Wenn Du jetzt aufgibst'". "Ich bin Conny, ich werde meinem Leben die Stirn bieten und lasse mich nie wieder missbrauchen. Egal von wem." Bilder von Kyara, anklagend an der Rückwand, erzählten ohne Worte die grauenhafte Geschichte ihres rituellen Missbrauchs und der Spaltung ihrer Persönlichkeit. Um dieses Thema ging es dann auch in dem Vortrag von Maria Heilmann, Diplom-Pädagogin aus Bad Ems "Dissoziation als Überlebensmuster", machte eines der gravierendsten Schutzmechanismen der Seele verständlich, der alles, was das Bewusstsein unmöglich verkraften könnte, durch Zerteilung der Persönlichkeit darin hindert, bis dorthin vorzudringen. Betroffene Stille nach diesem Referat. Rechtsanwältin Isabelle Schulte-Wissermann bot im Anschluss daran wichtige Informationen über das neue Verjährungsgesetz, über Risiken und Chancen einer Anzeige nach langer Zeit an, klärte auf über Schmerzensgeld und Opferentschädigung. Auch ihre flammenden Berichte aus der Praxis ließen so manche Emotionen hochkommen. Den Abschluss dieser mutigen Veranstaltung machte eine äußerst interessante Bühnen-Expertenrunde, in der für das Publikum rege die Möglichkeit nutzte, Fragen zu stellen. Neben den genannten Referenten kamen dazu Doris Twesten vom Neuwieder Verein "Trotzdem" und Frau Dr. Schmulenski von der Dr. von Ehrenwallschen Klinik in Ahrweiler. Obwohl die angegebene Zeit weit überschritten war, hat kein einziger der Anwesenden den Saal vor Beendigung des Programms verlassen, denn jede Minute Dableiben es war es wert. |
Tag gegen Gewalt21.09.2001 ![]() 19322 WittenbergeFestspielhaus
in Zusammenarbeit mit dem Verein Frauen für Frauen Wittenberge
Benefizkonzert "The Dice"![]() Ganztägig Stände der einzelnen Vereine und Organisationen Schotterblume-Ausstellung: Ohne Worte ganztägig
Weitere Berichte zum Tag gegen Gewalt unter Presse |
"Schotterblume e.V." wird bei der Bruker-Fachtagung in Lahnstein 2000 Menschen vorgestellt. Vom Erlös der Spenden der Teilnehmer konnte mehrere Monate die Telefonrechnung für das Not-Telefon bezahlt werden.
Am 12./13.Mai 2000 hat "Schotterblume" eine 2-tägige Informationsveranstaltung durchgeführt, unter dem Motto: "Aber wir reden darüber ", an der Betroffene, Fachleute und Vereine ähnlicher Zielsetzung teilgenommen haben. Hier einer der Presse - Berichte über diese beiden Tage:
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Wir bedanken uns an dieser Stelle bei allen Spendern und Sponsoren dieser Veranstaltung:
Sowie bei weiteren Spendern /Innen , die nicht öffentlich genannt werden möchten. |
© Schotterblume e.V.